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„Lebe ich mein Leben oder lebt das Leben mich?“ – Mein Umgang mit dem Hochstapler-Syndrom
Dunkel Hell

„Lebe ich mein Leben oder lebt das Leben mich?“ – Mein Umgang mit dem Hochstapler-Syndrom

Kinga Bartczak
Hochstapler-Syndrom-Titelbild

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Hochstapler-Syndrom, ist persönlich, emotional und lehrreich. Ich möchte Ihnen nicht erzählen, wie schwer mein Weg bis zu diesem Punkt war. Ich möchte einen Funken der Inspiration entzünden, Sie zu einem Gefühl anregen, inspirieren, verwirren und vielleicht auch zu einer Handlung ermutigen.

In jedem Fall erhoffe ich mir, dass dieser kurze Ausschnitt aus meiner Geschichte vielleicht etwas in Ihrer Geschichte verändert wird.

Je weiter nach oben, umso entfernter von dir selbst

Diejenigen die mich kennen, wissen, dass ich keinem Trendbegriff folge, wenn ich vom Hochstapler-Syndrom (auch als Impostor-Syndrom bekannt) spreche. Viel eher bin ich von einer wahren Leidensgeschichte geprägt. Glücklicherweise hat meine Geschichte, aus der Retrospektive betrachtet, ein (vorläufiges) Happy End. Doch der Weg dahin war wirklich sehr lang und sehr lehrreich.

Ich kann nicht unbedingt behaupten, ich hätte in meiner Kindheit die Rolle der „hübschen“ oder „intelligenten“ Tochter innegehabt. Beide Rollen waren bereits in den festen Händen meiner älteren Schwester, während mein kleiner Bruder den „Nesthäkchen-Status“ für sich beanspruchte. Für mich blieb letztlich also immer nur die Rolle der „Funktionierenden“. Ich kümmerte mich um solide Noten, suchte mir meine nachfolgenden Schulen selbst aus und organisierte eigenständig, an welcher Universität ich meinen Hochschulabschluss absolvieren würde. Bei den weiteren Etappen meines Lebens waren Familie und viele meiner Freunde eher Nebendarsteller*innen, denn ich wusste, dass jeder von mir erwartete, erfolgreich zu sein.

Bin ich nun Genie, Hochstaplerin oder doch gar nichts davon?

Diese Entwicklung ist leider ein zweischneidiges Schwert:

Zum einen fordert sie dich heraus, denn du genießt ein gewisses Vertrauen der Anderen und wächst dabei über dich selbst hinaus. Zum anderen lässt dich das scheinbar mangelnde Interesse anderer, an dir und deinen Lebensplänen, schier verzweifeln. Die Konsequenz ist das mich stets begleitende „Hochstapler-Syndrom“. Ausgelöst durch den Wunsch, der (gefühlten) elterlichen Erwartungshaltung zu entsprechen (Stichwort: Parentifizierung), entwickelte ich bei jedem Erfolgserlebnis umgehend eine externe Attribution, d.h. ich schrieb meinen Erfolg immer äußeren Umständen oder Zufällen zu. Hinzukommend hatte ich mit Prokrastination und perfektionistischen „Schüben“ zu kämpfen, die ich mir jahrelang mühsam wieder abtrainieren musste.

Ich erreichte als „Workaholikerin“ ein gänzlich neues Level. Schlaf war für mich jahrelang ein „Add-on“ – nett, aber überbewertet. Ich versuchte verzweifelt, in der völlig überhitzten Multitasking-Studierendenschaft mitzuhalten, da ich es für erstrebenswert hielt, spät nachts an Hausarbeiten zu sitzen und jede Woche 2-3 Bücher zu lesen.

Das interessante ist, dass diese übertriebene Ökonomisierung der Menschlichkeit, in welcher der Mensch als Leistungsmaschine zu funktionieren hat, sich in der Arbeitswelt nicht änderte. Entsprechend erhielt ich mit meinem Eintritt in diese, eher eine Bestätigung meiner Verhaltensweise, als eine wirkliche Möglichkeit zur Reflexion.

Die Konsequenzen habe ich hart zu spüren bekommen: 

Schlafstörungen, ungesundes Essverhalten, emotionale Zusammenbrüche und eine unglaubliche Einsamkeit.

Der Ausweg aus der Hochstapler-Falle

Aus heutiger Sicht bewerte ich viele meiner Handlungen differenzierter und betrachte auch die Verhaltensweisen von Freunden und Familie milder, als es mir zum damaligen Zeitpunkt möglich war. Auch ist es mir durch meine Ausbildung als Zertifizierter Systemischer Coach nunmehr besser möglich, Frauen, welche unter ähnlichen Verhaltensweisen der Selbstmanipulation leiden, durch ein zielgerichtetes Coaching effizient zu begleiten.

Nichtsdestotrotz musste ich zuvor mühsam lernen, dass ich keine „people pleaserin“ sein darf, wenn ich jemals für meine Leistung Anerkennung ernten möchte und zwar nicht nur von außen, sondern vor allem von mir selbst.

Entsprechend hat sich der Prozess der „Selbsterkenntnis“ ziemlich lang hingezogen und ich stand zunächst jahrelang an der Seitenlinie meines eigenen Lebens und schaute mir selbst zu, anstatt aktiv zu partizipieren. Egal ob traurig, wütend, verzweifelt oder einsam – ich habe funktioniert. Erst als ich meinen heutigen Lebenspartner kennengelernt habe, fing ich an, mich langsam zu fragen:

„Wessen Leben lebst du hier eigentlich?“

Verstehen Sie mich nicht falsch.

Ich bereue keine meiner Entscheidungen und bin froh, jeden meiner Lebensschritte getan zu haben. Diese Erfahrung hat mich schließlich dahin geführt, wo ich heute stehe.

Ich habe jedoch gemerkt, dass wir unsere eigene Bedeutung manchmal überbewerten und daher glauben, wir müssten jede Sekunde unseres Lebens mit Leistung und Sinn füllen. Wenn man berücksichtigt, dass wir im Verhältnis nur ein „Staubkorn“ in diesem Universum sind, so erleichtert es einem, unkonventionelle Entscheidungen treffen zu können. Wenn wir uns darüber hinaus auch noch in Erinnerung rufen, dass wir selbst der einzige Mensch sind, der von Beginn an, bis zum Ende mit uns das Leben verbringt, ist es dann nicht verwunderlich, wie hart wir mit uns sprechen?

Diese Gedanken haben mir unter anderem dabei geholfen, dass Hochstapler-Syndrom zu überwinden und bei einer drohenden Wiederkehr einen soliden Umgang mit diesem zu finden.

Methoden und Lösungen im Umgang mit dem Hochstapler-Syndrom

Neben zirkulären Fragen, Weiterbildungen, Supervision und der eigenen Reflexion hat mir zudem auch das Unternehmertum geholfen. Ich bin raus aus dem 9-to-5-Prinzip und hinein in das 8-out-of-24-Prinzip gesprungen. Konkret bedeutet das, dass ich angefangen habe, meine Arbeit um mein Leben herum zu planen und nicht andersherum. Weiterhin habe ich aufgehört, mich selbst zu vermessen und ständig zu kontrollieren. Keine detaillierte Zeiterfassung, keine Gewichtserfassung, ja nicht einmal Schritte werden auf Zwang gezählt. Ich habe Zeitmessung durch Effizienz und Handlungswissen (Was soll gemacht werden) durch Effektivitätswissen (wie kann etwas getan werden) ersetzt.

Letztlich habe ich durch die Selbstständigkeit auch eine unstillbare Sehnsucht aufgegeben:

Das Streben nach Sicherheit.

Obwohl ich es stets geahnt habe, lernte ich erst als Unternehmerin, dass Sicherheit eine Illusion ist, egal ob es um die Partnerschaft, die Finanzen oder um das Leben geht – Jegliche Planung ist fragil und äußerst risikobehaftet. Vieleher geht es mir nun darum, bewusste Risiken einzugehen und Erfolg ausdauernder zu wertschätzen.

Dieser Gedanke hat mich befreit, denn ich wusste nun:

Siehe auch
Zielerreichung-3 Tipps wie du deine Ziele mit Leichtigkeit erreichst-Artikelbild

„Das Streben nach Sicherheit kann sich wie ein Anker anfühlen. Er schützt uns zwar vor Lebensstürmen, aber er hält uns auch fest.“

Vom Workaholismus zum sinnstiftenden Unternehmertum

Plötzlich ergab mein Weg einen Sinn. Ich wusste nun, dass ich meine Lebenserfahrung mit meiner beruflichen Erfahrung bei der Bundesagentur für Arbeit sowie mit meiner Leidenschaft und meinem Engagement im Bereich der Frauenförderung kombinieren musste.

Und so bin ich der Mensch geworden, der ich heute eben bin:

Kinga Bartczak – Geschäftsführerin der UnternehmerRebellen GmbH, die sich für eine wertschöpfende Arbeitswelt, in welcher jeder Mensch seine Selbstwirksamkeit entfalten und seine Lebensziele mit seinen beruflichen Ambitionen verbinden kann, einsetzt.

Und

Kinga Bartczak – Female Empowerment & Business Coach, die weibliche Fach- und Führungskräfte sowie (angehende) Unternehmerinnen auf ihrem Weg zum beruflichen und unternehmerischen Erfolg begleitet, stets dem Motto folgend: „Verpflichte dich nur dem, was dich glücklich macht.“

Und ebenso

Kinga Bartczak, eine literatur-, kunst- und politikinteressierte Frau, die Haltung zeigt, selbstbewusst Entscheidungen trifft und nicht immer perfekt funktionieren muss.

Wenn Sie an einem ähnlichen Lebenspunkt in Ihrer Biografie stehen, sich mit meiner Geschichte gar identifizieren können oder beruflich über Herausforderungen stolpern, freue ich mich, Sie auf Ihrem Weg zu begleiten.

Darüber hinaus freue ich mich ebenso, wenn das Lesen dieses Artikels Sie dazu veranlasst hat, für einen kurzen Sekundenbruchteil innezuhalten und sich zu fragen:

„Gehört mein Leben noch mir? Und wenn nicht, wie kann ich das zielgerichtet ändern?“

Über die Autorin

Website | + Beiträge

Kinga Bartczak berät, coacht und schreibt zu Female Empowerment, neuer Arbeitskultur, Organisationsentwicklung systemischen Coaching und Personal Branding.

Zudem ist sie Geschäftsführerin der UnternehmerRebellen GmbH und Herausgeberin des FemalExperts Magazins.

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